"Ich konnte an keiner Stelle geistigen Diebstahl feststellen"

Prof. Stefan Homburg zum Plagiatsvorwurf gegen Alice Weidel

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Die Erwiderung zum irren Vorwurf© Quelle: X/ Prof. Homburg

Die Süddeutsche Zeitung konfrontierte Alice Weidel mit den anonymen Plagiatsvorwürfen – Prof. Homburg ist einer der angeblich  in Weidels Dissertation Plagiierten.

Sehr geehrte Frau Dr. Weidel,

Sie wandten sich an mich wegen eines Elaborats mit dem Titel „Gutachten zur Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in der Dissertation ‚Das Rentensystem der Volksrepublik China. Reformoptionen aus ordnungstheoretischer Sicht zur Erhöhung der Risikoresistenz‘ von Dr. Alice Elisabeth Weidel, Universität Bayreuth, 2011 im Verlag P.C.O.“. Sie baten mich hierzu um eine Stellungnahme. Dieser Bitte komme ich gern nach und rate von der Einholung eines wissenschaftlichen Gutachtens ab.

Nach Durchsicht Ihrer Dissertation, von der Sie mir eine Kopie überlassen haben, halte ich die erhobenen Vorwürfe für derart abwegig, dass ein Gutachten unnützer Aufwand wäre. Lassen Sie mich das an zwei Beispielen erläutern.

1. Auf Seite 7 seines Elaborats vergleicht der Verfasser Ihre Definition des Kapitaldeckungsverfahrens mit der Definition in meiner Monografie „Theorie der Alterssicherung“. Beide Formulierungen klingen ähnlich, und der Verfasser moniert, dass Sie mich nicht zitiert hätten.

Interessant und sogar komisch ist hierbei der Fußnotenhinweis „3)“ in meinem Text. In dieser Fußnote zitiere ich meinerseits keine Quelle, sondern schreibe sinngemäß, dass der Begriff „Kapitaldeckungsverfahren“ gut eingeführt sei. Kurz, das ist ein Allerweltsbegriff
der ökonomischen Literatur, für den man ebenso wenig einen Beleg nennen muss wie für „property rights“ oder „meritorische Güter“. Natürlich zitieren Juristen viel kleinteiliger als Ökonomen und versehen auch Begriffe wie „Deutschland“ mit Fußnoten, die auf Grundgesetzkommentare und die Zugehörigkeit des Festlandssockels und der Insel Helgoland verweisen. Darauf kommt es hier aber nicht an. Ebenso ist irrelevant, dass Ihre Formulierung meiner ähnelt; denn alle Definitionen des Kapitaldeckungsverfahrens ähneln einander.

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2. Seite 9 des Elaborats betrifft eine von mir als „Theorem 2“ bezeichnete Tatsache. In meiner 1988 publizierten Monografie nutzte ich den Ausdruck „Theorem“, weil diese Tatsache damals durchaus neuartig war und eines mathematischen Beweises bedurfte. Im folgenden sickerte „Theorem 2“ in die Literatur ein, vor allem in Lehrbücher, und wurde den Studenten in Vorlesungen vermittelt. Es kann daher nicht verwundern, wenn Sie zwanzig Jahre später den Inhalt meines Theorems im laufenden Fließtext auf S. 50 als etabliertes Faktum erwähnen, ohne dabei im mindesten zu insinuieren, dies sei Ihre eigene Entdeckung gewesen.

Mehr noch: Zuvor schreiben Sie auf S. 40 explizit, Ihre Darstellung beruhe auf Homburg (1988), Breyer (1990) und Siebert (1997). Hierzu muss man wissen, dass das sehr erfolgreiche und verbreitete Lehrbuch von Breyer in Teilen auf meiner Monografie aufbaut. In der Wirtschaftswissenschaft muss allgemeines Lehrbuchwissen nicht mit satzweisen Belegen wiedergegeben werden. Auch im Schlussteil des Kapitels (S. 51) stellen Sie gleich am Anfang klar, dass Sie vorstehend „Grundkonzepte darlegen“ und nicht fremdes Wissen als eigene Schöpfung verkaufen wollten.

Ich lasse es hierbei bewenden, weil das Elaborat unter folgender methodischer Schwäche leidet: Weder die eingesetzte Software noch der Verfasser verstehen inhaltlich, worum es eigentlich geht. Daher lassen bloße Wortähnlichkeiten dort rote Warnlampen aufflammen,
wo kein Plagiat erkennbar ist. Ich habe in dem gesamten Elaborat nichts gefunden, was auf Ihre Absicht schließen ließe, Gutachter zu täuschen und sich mit fremden Federn zu schmücken.

Dies wäre jedoch Voraussetzung für ein Plagiatsverfahren. Als ein in Ihrer Dissertation oft zitierter wissenschaftlicher Autor bestätige ich, dass ich mich von Ihnen wohlwollend behandelt fühle und an keiner Stelle geistigen Diebstahl feststellen konnte. Über 600
Fußnoten und ein ellenlanges Literaturverzeichnis passen zu diesem Eindruck. Für diese kurze Stellungnahme berechne ich natürlich nichts. Sie können die Stellungnahme gern gegenüber Dritten verwenden.

Mit freundlichen Grüßen

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